Bei der Suche nach Informationen und vor allem bei der Eingabe dieser in die genealogische Datenbank ergeben sich immer wieder Probleme aus den Ortsbezeichnungen. Der Grund ist einfach. Die Bezeichnungen, wie man sie in den Quellen findet sind heute – meist durch Kriege und deren Folgen – so nicht mehr vorhanden, wurden mehrfach umbenannt, gehören nun zu anderen Ländern, etc.
Ein absoluter Alptraum dieser Art, gleichzeitig aber eines der Hauptgebiete der Familienforschung für die hier behandelten Familien ist Preußen, welches bis 1945 zum Deutschen Reich gehörte und in Westpreußen lag. Nach dem Einzug der roten Armee im Frühjar 1945 wechselte das Gebiet zwischen Nogat und Weichsel zu Polen.
In unserer Familiengeschichte spielt sich für eine langen Zeitraum in Preußen, insbesondere im Großen Werder ab. Prinzipiell war die Wiebe Familie seit ihrer Ankunft aus Holland bis zur Flucht / Vertreibung fast durchgängig in diesem Gebiet um Danzig beheimatet.
Das Große Werder wird im Westen durch die Ufer der Weichsel, im Osten durch die der Nogat und im Norden durch die Danziger Bucht begrenzt. Links vom Großen Werder liegt das Gebiet, welches “Danziger Werder” genannt wurde, rechts davon das “Kleine Werder” mit den Städten Elbing und Marienburg.
Die Familie Wiebe war, wie schon gesagt, seit der Einwanderung aus Holland fast ausschließlich in diesem Gebiet beheimatet, daher auch oft der Hinweis auf “Wiebe – aus dem Nogat Weichsel Delta”.
Ein großer Teil des Gebietes des Großen Werder lag unterhalb des Meeresspiegels, was zur Folge hatte, dass bei Hochwasser in der Weichsel weite Gebiete unter Wasser standen. Jacob Wiebe (Ixxx) hatte auf seinem Grundstück bei Groß Lesewitz (heute Lasowice Wielkie, Województwo pomorskie, Polen) einen Berg, der bei solchen Überschwemmungen gerne von den Nachbarn als Schutz und Rettung für Hab und Gut genutzt wurde (siehe auch: Lebenslauf Jacob Wiebe).
Das Große Werder wurde 1920 nach dem ersten Weltkrieg durch die Versailler Verträge vom Deutschen Reich getrennt und dem neu gebildeten Freistaat Danzig übergeben. Seit September 1939 gehörte der Landkreis Großes Werder dann wieder zum Deutschen Reich und gliederte sich in die Stadtgemeinden Neuteich (heute Nowy Staw) und Tiegenhof (heute Nowy Dwor Gdanski). Weiterführende Informationen zur Verwaltungsgeschichte finden sich in der Wikipedia. Ein Gemeindeverzeichnis mit dem Stand vom 31. August 1931 befindet sich auf www.territorial.de. Weitere Informationen zu den Orten und eine gute Möglichkeit zum Suchen bietet der Verein für Computer Genealogie hier.
Im Weichsel-Nogat-Delte befand sich eine große Ansammlung von Mennonieten. Der Grund dafür ist einfach:
Sturmfluten und Dammbrüche sorgten im 16. Jahrhundert (1526, 1528, 1533, 1540, 1542 und 1543) dafür, dass viele Menschen Ihr Hab und Gut und mehr als 500 von Ihnen sogar ihr Leben verloren. Das Gebiet wurde zunehmends unbewohnter. Bereits im Jahre 1550 begann der Rat der Stadt Danzig damit gezielt Mennonietne aus Holland abzuwerben, die dort aufgrund ihrer Religion verfolgt wurden. Das Vorhaben war recht eigennützig, waren die Mennonieten doch als gute Deichbauer bekannt und brachten das Milchvieh aus Friesland mit.
So besiedelten die ersten Mennonieten bereits im 16, Jahrhundert das Nogat-Weichsel-Delta.
Das Große Werder hatte in den letzten Jahrhunderten auch schon vor den beiden Weltkriegen eine bewegte Vergangenheit. Dazu hier ein Auszug aus der Wikipedia den CompGen:
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Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Polen wurden 1627 viele Dörfer überfallen, ausgeraubt und niedergebrannt. Ein paar Wochen später musste auch die Neuteich ein gleiches Schicksal erleiden. Die nach 1655 auflodernden Kämpfe brachten für die Bevölkerung erneut Not und Elend. 1674 brach der Damm bei Schöneberg. Fast das ganze Werder war überschwemmt. Es brauchte mehr als sieben Jahre, um die Deichlücke zu schließen. Es waren nicht die letzten Dammbrüche. Zu allem Elend brach 1709 die Pest aus und brachte vielen Menschen den Tod.
1772 kam es zwischen Russland, Preußen und Österreich zur ersten Teilung Polens. Das Werder kam unter die Herrschaft des Königs Friedrich II. (des Großen). Die guten Zeiten endeten, als Preußen es wagte, Napoleon Widerstand zu leisten Am 14. Februar 1807 rückte der General Lefébvre in die Marienburg ein und blieb mit mehr als 1.200 Mann über zwei Jahre in Neuteich. Das kostete die Stadt über 40.000 Taler. Die französischen Truppen wurden aus Moskau zu einem überstürzten Rückzug gezwungen und erreichten am 02. Januar 1813 Neuteich. Wieder musste die Stadt über 9.000 Soldaten und deren Pferde versorgen. Kaum waren die Franzosen am 13. Januar 1813 abgezogen, kam die russische Armee mit einer Abteilung Kosaken und musste verpflegt werden. Es dauerte noch 40 Jahre, bis die Schulden abgezahlt waren.
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Quelle:
Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis_Gro%C3%9Fes_Werder
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